Burschenschaft Aldania Wien,
die demokratische Alternative,
informiert:

7. März 1849
Ein Trauertag für Österreich
Ein Trauertag für Europa und die ganze Welt !

 

Heute vor 165 Jahren, am 7. März 1849,
wurde von der österreichischen Armee
der österreichische Reichstag,
das verfassungsgebende Parlament,
mit Waffengewalt auseinander getrieben

und die sogenannte oktroyierte Märzverfassung verkündet.

 

Vorgeschichte:

Die Vorgeschichte dieses österreichischen Parlamentes beginnt tief in der 1848-Revolution. Der verhaßte Diktator Metternich war ja vertrieben worden und unter der Aufsicht der Akademischen Legion, das waren die Burschenschafter-Studenten, wurde ein neuer österreichischer Reichstag gewählt, wozu auch erstmals die Arbeiter wahlberechtigt waren.

Denn am 30.5.1848 wurde durch die neue Wahlordnung das freie Wahlrecht gewährt: Die Arbeiter waren wahlberechtigt. Die alte burschenschaftliche Forderung nach freien Wahlen, die schon in der Burschenschafter-Petition vom 12.3.1848 aufgestellt wurde, wurde damit endlich erfüllt.

Und dieser Reichstag wurde am 22.7.1848 feierlich eröffnet. Er tagte in der Winterreitschule; in jenem Saal der Wiener Hofburg, in dem heute ahnungslose Touristen die Lippizzaner bewundern. Es ist das erste aus freien Wahlen hervorgegangene österreichische Parlament! Der Deutsche Reichsverweser, Österreichs Erzherzog Johann, hielt die Thronrede, während von der Straße herein die deutsche Hymne "Das Lied der Deutschen" und das "Was ist des Deutschen Vaterland" ertönte.

383 Abgeordnete aus allen sozialen Klassen und aus allen Völkern der Monarchie (außer den Ungarn, die hatten ihren eigenen Reichstag) waren gewählt worden. Zweiter Vorsitzender war der Pole Smolka; der 25-jährige Burschenschafter Hans Kudlich, "Sohn eines robotenden Bauern" aus Lobenstein, einem deutschen Ort in Schlesien, war der jüngste Abgeordnete.  Sein Antrag auf Aufhebung des bäuerlichen Untertänigkeitsverhältnisses und der Abgabepflicht wurde angenommen: Kudlich wird zu Recht als "Der Bauernbefreier" genannt!

Der Reichstag hatte die Aufgabe, eine neue Verfassung auszuarbeiten und auf demokratischem Wege eine Weiterentwicklung zu ermöglichen. Das sollte der Weg von der Revolution zur konstitutionellen Demokratie werden.

 

Die Arbeit des österreichischen Reichstages:

Der freigewählte österreichische Reichstag, der in Kremsier tagte, arbeitete unermüdlich an der neuen österreichischen Verfassung, denn dazu war er ja am 22.7.1848 als verfassungsgebende Körperschaft einberufen worden. Kudlich, Fischhof, Goldmark und viele andere arbeiteten hier mit.

Ein Entwurf sah als Präambel vor: "Alle Souveränität geht vom Volke aus". Doch am 4.1.1849 erklärte Innenminister Stadion diese Formulierung für unannehmbar, da die Quelle der Souveränität nicht das Volk, sondern die erbliche Monarchie sei. Proteste bei den Abgeordneten, aber sie gaben nach, der Satz wurde gestrichen.

  • Besonders erwähnenswert am neuen Verfassungsentwurf war die "Gleichberechtigung der Völker, der Nationen". Der Deutsch-Schlesier Cajetan Mayer schlug vor: Historische Landesgrenzen wie bisher, und innerhalb Kreiseinteilung nach ethnisch-nationalen Gegebenheiten. Diese Kreise sollten sich nach dem demokratischen Prinzip selbst verwalten.

  • Der böhmische Politiker Palacky sagte am 23.1.1849:

    "... die Gleichberechtigung der Nationalitäten, selbe wurde bis 1848 theoretisch und praktisch geleugnet. ... Wir müssen Österreich so konstruieren, daß die Völker gerne in Österreich existieren, das sei uns die leitende Idee."

    Und das sagte der böhmische Politiker Frantisek Palacky!
    Er war der Vorsitzende des Slawenkongresses in Prag, wo ein selbständiges Königreich (Böhmen, Mähren, österreichisch-Schlesien) gefordert wurde. Doch der österr. Kaiser lehnte ab und der Slawenkongress wird im Pfingstaufstand (17. Juni 1848) vom kaiserlichen Feldmarschall Winischgrätz blutig niedergerschlagen.

    Und obiges sagte der böhmische Politiker Frantisek Palacky!
    Er ließ sich aber durch diese Niederlage nicht entmutigen und glaubte trotzdem weiter an die den Völkern innewohnwende Kraft! Und er trat daher auch im neuen Reichsrat in Kremsier dafür ein, bei der neuen Ordnung die nationalen Gegebenheiten als Grundlage zu nehmen.

Der Reichsrat erarbeitete endlich eine demokratische, freiheitliche Verfassung nach den (wenn auch gemäßigten) Vorstellungen der Revolution. Insbesonders durch die getroffenen Lösungsansätze der "Gleichberechtigung der Völker" war dies eine im burschenschaftlich-demokratischen Sinn zukunftsweisend und fortschrittlich aufgebaute Verfassung.

 

Die Ablehnung der ausgearbeiteten Verfassung:

Doch diese demokratische, freiheitliche Verfassung trat nie in Kraft.

Denn der neue österreichische Ministerpräsident Fürst Felix Schwarzenberg hatte nichts für die "demokratischen Bewegungen und das demokratische Geschmeiß" übrig, er war ein Aristokrat alten Schlages. Die Regierung machte dem Reichstag ein Ende und löste ihn am 7.3.1849 gewaltsam auf.

Am selben Tag, dem 7.3.1849 wurde die "Märzverfassung oktroyiert", d.h. aufgezwungen. Zwar wurden einige der 1848 erkämpften Freiheiten und Prinzipien aufgenommen, aber praktisch durch einengende Bestimmungen wieder beschränkt. Die Pressefreiheit wurde wieder abgeschafft. Das Wahlrecht wurde durch einen Wahlzensus eingeschränkt. Die Versammlungsfreiheit wurde stark eingeschränkt, Burschenschafter durften nicht mehr in städtischen Messehallen tagen.

 

Verheerende Folgen dieses Verbots:

Die gewaltsame Auflösung des Reichsrates hatte für Österreich und Europa und die gesamte Welt weitreichende Folgen. Schwarzenberg hat die faktische und parlamentarische Entwickung der Völker verhindert.
Er hat nicht erkannt, daß jedes Volk eine spezifische Eigenart hat, die es von anderen Völkern unterscheidet, und daß jedes Volk auch geachtet werden will und im Getriebe des Weltgeschehens eine Rolle spielen will.

Und er hat nicht erkannt, daß die in jedem Volk innewohnende Kraft auch genutzt werden könnte.

Dem Kaiser Franz Joseph I kann man da eigentlich keine echten Vorwürfe machen. Er war ein 18-jähriger Bub, der zwar eine hervorragende Erziehung genossen hat, die sich aber vorwiegend an der "Staatsräson" orientiert hat. Die aufkeimenden Ideen, wie Gleichberechtigung der Völker und demokratische Ideale, wurden von seinen Erziehern als "neumodisches Zeugs, das die Autorität des allerdurchlauchtigsten Kaiserhauses untergraben wird" verteufelt und als gefährliche und nicht zukunftsträchtige Entwicklungen gebrandmarkt, ganz im Sinne Schwarzenbergs.

Kaiser Franz Joseph I wird die Namen Hans Kudlich und Frantisek Palacky wahrscheinlich nie in der richtigen Bedeutung gehört haben.

Diese Mißachtung der nationalen Eigenschaften und der innewohnenden Kräfte der Völker der Monarchie hat schwerwiegende Folgen gehabt:

  • Insbesonders wurden die Tschechen und Slowaken nicht in der Bedeutung gewürdigt, die einem staatsragenden Volk zugestanden hätte. Böhmen war jahrhunderte lang eines der wichtigsten Länder des Habsburgerreiches, ja sogar des deutschen Kaisereiches. Der König von Böhmen war einer der sieben Kurfürsten, die den deutschen Kaiser wählen durften.

    Der letzte zum König von Böhmen gekrönte Herrscher war Ferdinand I, 1835.
    Kaiser Franz Josef I wurde zwar durch den Einfluß der ungarnverehrenden Kaisrsgattin Elisabeth (Sisi) 1867 zum König von Ungarn gekrönt, aber eine Krönung zum König von Böhmen blieb aus.

    Kein Wunder, daß sich die Tschechen schon langsam irgendwie zurückgesetzt fühlten und daß dann langsam die Nationatiltätenrivalitäten immer stärker wurden, an Heftigkeit zunahmen und bald eskalierten. Die Tschechen eröffneten den gewaltsamen Kampf; so kam es z.B. am 2.Dez.1908, an dem Tag, als der Kaiser in Wien sein 60-jähriges Regierungsjubiläum feierte, zu schweren Ausschreitungen zwischen Tschechen und Deutschen in Prag. Die deutsche Bevölkerung in Böhmen war bis 1918 in einem steten Verteidigungskampf gefesselt.

  • Einzig der Thronfolger Erzherzog Ferdinand erkannte die verhängnisvolle Lage und bemühte sich um Vesöhnung. Er wollte die Tschechen in einem "Ausgleich", ähnlich dem Ungarns, enger an das Habsburgerreich binden, auch einen König von Böhmen neu krönen lassen und so sich ihrer Loyalität versichern.  Aber 1914 ...

  • Auch gegenüber dem Land Bosnien-Herzegovina wurde mehr der herrschaftliche Aspekt hervorgehoben, es wurde 1875 nach der Befreiung von der türkischen Herrschaft okkupiert, dabei kam es aber zu keiner Berücksichtigung der nationalen Eigenart der Bosnier, etwa in Form einer Autonomie; und dann 1908 erfolgte die Annexion.

Die Worte des böhmischen Politikers Frantisek Palacky

" ... Wir müssen Österreich so konstruieren, daß die Völker gerne in Österreich existieren, das sei uns die leitende Idee."

wurden nicht berücksichtigt.

 

Die Folgen sind bis heute spürbar

Die Verfassung, die der österreichische Reichsrat 1849 ausgearbeitet hat, war durch die getroffenen burschenschaftlich-demokratischen Lösungsansätze der "Gleichberechtigung der Völker" modern und fortschrittlich.

Wenn sie in Kraft getreten wäre, dann hätte diese zukunftsweisend aufgebaute Verfassung geholfen, die nationalen Probleme der Monarchie gar nicht erst entstehen zu lassen.

Die Fürsten Windischgrätz und Schwarzenberg sind durch diese kurzsichtigen Gewalttaten nicht nur die Totengräber der demokratischen Freiheitsbewegungen, sie sind auch Schuld, Mitschuld, an den furchtbaren Ereignissen des 1. Weltkrieges, des nationalsozialistischen Regimes mit seinen mörderischen Untaten.

Denn hätte es ein Österreich nach den hehren Vorstellungen des Reichstages gegeben, wären nichtdeutsche Völker ebenso entsprechend gewürdigt worden und ein Adolf Hitler wäre gar nicht auf so abstruse Ideen gekommen, oder wahrscheinlicher noch, es hätte ihn gar nicht gegeben ...

Danke, Schwarzenberg, auch dafür, daß ich das Land eines Teiles meiner Vorfahren, deutsche Gebiete in Mähren rund um den Ort Dornfeld bei Nikolsburg, nicht als deutsches Land besuchen kann und dort ein stilles Totengedenken abhalten kann.

Wo auch immer er jetzt ist, im Himmel oder doch in der Hölle, ich hoffe, daß er sich jetzt mit Grausen abwendet.

 

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