Die Revolution von 1848

 

Der Sturm bricht los !

Die Völker kommen und läuten Sturm -
erwache, mein Volk, erwache!
Vom Kölner Dome zum Stephansturm
wird brausen die Rache, die Rache.

Die Glocken schweigen, die Pfaffen schrein
in ihren zertrümmerten Hallen;
den Heiligen wird der goldene Schein
vom zitternden Haupte fallen.

Das alles, das alles soll geschehn
in kommenden Frühlingstagen -
Herrgott, laß die Welt nicht untergehn,
eh die Nachtigallen schlagen!

 

Gedicht von:
Georg Herwegh.
Georg Herwegh, Sozialdemokrat,
Georg Herwegh, Burschenschafter.

Burschenschaft der Patrioten Tübingen.

 


Vorbemerkung
Obwohl die Ereignisse von 1848 nun mehr als 150 Jahre zurück liegen, haben sie auch für die heutige Welt eine große Bedeutung. Damals wurden Forderungen aufgestellt, die nach dem Scheitern der Revolution dann oft erst nach Jahrzehnten erfüllt worden sind. In dieser Revolution spielten Burschenschafter eine tragende Rolle, die jedoch in der heutigen Literatur kaum erwähnt wird. Auch wird meist nicht erklärt, warum auf Abbildungen von Revolutionsereignissen aus Wien und Österreich schwarz-rot-goldene Fahnen und Bänder zu sehen sind. Diese Abhandlung ist daher als Ergänzung zu solcher Literatur zu sehen.

 


Deutschland im Vormärz

Am Anfang des 19. Jahrhunderts begann Napoleon seine Eroberungszüge und zwang den in der Wiener Hofburg regierenden Deutschen Kaiser Franz II. die Krone des "Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation" niederzulegen. Das Reich, das von 936 bis 1806 bestanden hatte und dessen Hauptstadt Wien war, ist zerfallen. Napoleon besetzt halb Europa und unterwirft ganz Deutschland.

Doch als der Dichter Johann Palm in Braunau erschossen wurde, da er eine Schrift "Deutschland in seiner tiefsten Erniedrigung" verfaßt hatte, setzt der Widerstand gegen den Imperialisten ein und auch eine geistige Erneuerung Deutschlands. Johann Gottlieb Fichte hält seine "Reden an die Deutsche Nation", Friedrich Ludwig Jahn's Schrift "Deutsches Volkstum" begründet das volkstümliche Turnen, das mit einem glühenden Patriotismus verbunden wird. Es kommt zur Bildung von zahlreichen Freikorps, wie das Freikorps des Majors von Lützow: Die Lützower tragen schwarze Röcke mit roten Aufschlägen und goldenen Knöpfen. Diese Welle der Begeisterung ist die Geburtsstunde eines neuen deutschen Nationalgefühls. 1813 kommt es zur entscheidenden "Völkerschlacht" bei Leipzig, bei der der österreichische Fürst Schwarzenberg den Oberkommandierenden der vereinigten Truppen stellt und bei der Napoleon vernichtend geschlagen wird. Deutschland und auch das übrige Europa atmet auf.

 

Der Deutsche Bund

1815 wird auf dem Wiener Kongress der "Deutsche Bund" geschlossen, ein Staatenbund, der die Nachfolge des früheren Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation antritt und aus Österreich, Preußen und vielen anderen Ländern besteht und dessen Regierung, der Bundestag, sich in Frankfurt/Main befindet. Österreichs Staatskanzler Metternich ist Vorsitzender des Deutschen Bundes und wird praktisch der alleinige Herrscher über "Deutschland".

(ausführlich siehe bei "Die Gründung der Burschenschaften"
beim Kapitel Die Deutsche Burschenschaft)

1815 führte das Einigungs- und Freiheitsstreben der Studenten zur Gründung der Burschenschaften, deren Farben jene des Lützower Freicorps schwarz-rot-gold wurden und die eben wegen diesem demokratischen Freiheitsstreben mißtrauisch beäugt wurden und 1819 sogar verboten wurden. Die Zensur wurde eingeführt, Metternich baut ein geheimes und brutales Bespitzelungssystem auf. Die einsetzende Demagogenverfolgung bedeutet für die Entwicklung des Landes einen echten Rückschritt: Tausende Demokraten werden eingekerkert, das Bürgertum wird als politischer Willensträger nicht -noch nicht!- aktiviert. Die Burschenschaften können durch diese diktatorischen Bestimmungen nur mehr im Geheimen bestehen.

Auch das kurze Auflodern der Freiheit am Hambacher Fest 1832, als die burschenschaftlichen Farben schwarz rot gold zu den Deutschen Nationalfarben erhoben wurden und ein Fackelzug von 30.000 Menschen ein Lichtermeer der nationalen Hoffnung bildete, wurde durch das Verbot der Farben Schwarz Rot Gold, durch eine weitere Beschneidung der Versammlungs- und Preßfreiheit und noch schärfere Unterdrückungsmaßnahmen beantwortet. Zahlreiche Burschenschafter werden verhaftet und eingekerkert, hunderte fliehen und fast 10.000 Pfälzer werden zur Auswanderung gezwungen. Resignation macht sich breit. Die Werke des jüdischen Dichters Heinrich Heine (Alte Bonner und Göttinger Burschenschaft) werden 1834 verboten. Nikolaus Lenau (Burschenschaft Frankonia Heidelberg) wandert nach Amerika aus. Dort dichtet er:

Die neue Welt, die freie Welt!
An derem blüthenreichen Strand
die Flut der Tyrannei zerschellt.

 

Endlich ist sie da: Die Revolution 1848!

Fürst Metternich, der vollstreckende Diktator des Deutschen Bundes, hatte nun schon 33 Jahre mit quasi-faschistischen Methoden die Deutschen daran gehindert, ihren nationalen Freiheitswillen zu erfüllen. Dies und Mißernten in den letzten Jahren und soziale Probleme durch die beginnende Industrialisierung waren Ursache für die wachsende Unruhe. 1844 kommt es zu einem Hungeraufstand der schlesischen Weber, der vom Militär blutig erstickt wird. Für die hungernden und frierenden Weber in Schlesien werden von Burschenschaftern Sammlungen veranstaltet.

Ende 1847 fordern die Sozialrevolutionäre Friedrich Hecker und Gustav von Struve (beide Alte Heidelberger Burschenschaft) in Offenburg im Badischen die Soziale Republik. Im Jänner 1848 kommt es in den österreichischen Städten Mailand und Padua zu Ausschreitungen, die blutig niedergeworfen werden. In der Februarrevolution 1848 wird Frankreich Republik, was eine Signalwirkung auf die geknechtete Bevölkerung im deutschen Raum hat, aber noch keine Revolution auslöst.

Am 29.2. wird in Wien am Kärntnertor ein Plakat angeschlagen, auf dem verkündet wird, Metternich wird am 15.3. schon ein gestürzter Mann sein.

Ludwig Kossuth hält am 3.3. im ungarischen Landtag in Preßburg eine Rede, in der er eine parlamentarische Regierung verlangt. Diese Rede wird in Wien in den Kaffeehäusern verlesen und erregt debattiert. Das war aber noch nicht der berühmte Funke...

Am 4.3. taucht in Wien ein revolutionäres Manifest auf, in welchem aufgefordert wird, sich "in den großen Bund der freien deutschen Männer" einzureihen. "Es gilt einen Kampf auf Tod und Leben! Seid stark, seid mutig und einig!"

Auch noch kein Funke: Recht gemäßigte "Bürgerpetitionen" der Wiener Bürger ohne radikale Forderungen werden vom 6.-9.3. den Landständen übergeben.

Der Deutsche Bund erkennt "5 vor 12" die heraufdämmernde Gefahr: Der Bundestag unter Österreichs Vorsitz erklärt am 9.3.1848 in Frankfurt schwarz-rot-gold zu den Bundesfarben, doch der Beschluß wird nicht vollzogen und nicht verlautbart.

 

Flugblatt von 1848.

Burschenschaftliche Forderungen !

Besonders beachtenswert der Ruf nach einem demokratischen, vom Volk gewählten Parlament!

Vergleichen Sie mit den Forderungen, die am Wartburgfest 1817 erhoben worden sind!

Fliegen Sie zu
"Die Gründung der Burschenschaften"

 

Den Startschuß setzen Burschenschafter:

Am 12.3. versammeln sich die Studenten in der Aula der Universität. Dann wird auf Anregung des jüdischen Arztes Josef Goldmark von einer Deputation unter der Führung der Professoren Hye und Endlicher unter der schwarz-rot-goldenen Trikolore der Burschenschafter -Studenten in Wien an den Österreichischen Kaiser Ferdinand eine Petition überreicht. Diese hatten Vertreter der Wiener Burschenschaften Arminia und Germania am 8.3. in der Wohnung des Arminensprechers Fritsch heimlich -unter der Gefahr des Auffliegens!- erarbeitet. Darin fordern sie:

Diese Petition mit den demokratische Forderungen wird von Erzherzog Ludwig entgegengenommen, aber nicht beantwortet. Auch werden keinerlei Versprechungen gemacht.

Am nächsten Tag, dem 13.3., kommt es vor dem niederösterreichischen Landhaus in Wien zu Tumulten. Studenten fordern die Antwort auf die eingebrachte Petition und wieder die demokratischen Rechte. Der jüdische Arzt Dr. Adolf Fischhof spricht vor der aufgebrachten Menge und wiederholt die am Vortag von Burschenschaftern aufgestellten Forderungen:

"Wir haben heute eine ernste Mission zu erfüllen:
ein Herz zu fassen, entschlossen zu sein,
und mutig auszuharren.
Wer an diesem Tage keinen Mut hat, gehört in die Kinderstube.
Pressefreiheit, Religionsfreiheit, Lehr- und Lernfreiheit,
verantwortliche Minister, Volksvertretung, Volksbewaffnung und
Anschluß an Deutschland ist das Ziel.

Das Damoklesschwert der Polizei schwebt über meinem Haupte.
Aber ich sage es wie Hutten:
Ich habs gewagt, ich bin der Dr. Fischhof."

Die Rede Kossuths vom 3.3. wird verlesen und löst Begeisterung aus. Zu den Forderungen gehört jetzt auch die Abdankung Metternichs. Um 11 Uhr dringt Dr. Fischhof mit den Studenten und Bürgern während der Sitzung der Stände in den Landtag ein. Es kommt zum Aufstand der Studenten und Bürger, Barrikaden werden errichtet. Der Stadtkommandant Erzherzog Albrecht gibt um 13 Uhr den Schießbefehl: es gibt 5 Tote und 510 Verletzte. Widerstand wagt der Artillerist Pollet, als er sich weigert, seine Kanone auf die Menge abzufeuern! Der jüdische Student Karl Heinrich Spitzer ist der erste Märzgefallene.

In den Vorstädten stürmen die Arbeiter, die sich der burschenschaftlichen Revolution angeschlossen haben, die Fabriken und zerstören die Maschinen; als Protest gegen die für sie nachteiligen Folgen der Industrialisierung. Der Einsatz von Militär fordert 45 Tote. Manche Soldaten weigern sich, auf das wehrlose Volk zu schießen.

Der Bürgermeister von Wien Ignaz von Czapka schlägt vor: Wiedereinsatz des Bürgerkorps und Aufrüstung zur Nationalgarde. Auch die Studenten sollten bewaffnet werden und die Akademische Legion bilden. Damit sind die Studenten einverstanden und erklären sich bereit, sich für die Wiederherstellung der Ruhe eizusetzen. Die Akademische Legion, in der alle Burschenschafter aufgehen, wird nach dem Studium eingeteilt: zB Techniker-Corps, Mediziner-Corps. Die Studenten tragen die berühmten dunkelblauen Röcke mit dem schwarz rot goldenen Band, das sie von den Burschenschaftern übernehmen und die deutsche Kokarde.
(Siehe sehr schön gezeichnet: Bild zum 26.5.)

Erzherzog Ludwig gestattet um 19 Uhr die Aufstellung der Nationalgarde und der Akademischen Legion. Noch am selben Abend beginnen Einschreibungen und die Waffenausgabe vor dem Zeughaus Am Hof. Die Menge in der Stadt wartet gespannt auf die Erfüllung ihrer Forderungen:

Metternich tritt um 21 Uhr zurück!

Das ist eigentlich die Sensation
und ein seit 33 Jahren gehegter Traum!
Die Wiener jubeln, veranstalten Fackelzüge
und bringen Hochrufe auf den Kaiser aus!

 

Am 14.3. erfolgt die Proklamation der Aufstellung der Nationalgarde und der Akademischen Legion. In einem weiteren Erlaß erfolgt die Verkündung der Aufhebung der Zensur, die Pressfreiheit wird versprochen, worauf eine Flut von Schriften und Plakaten von fliegenden Händlern vertrieben wird.

zensurfreie Zeitungen !

Das Denkmal des Deutschen Kaisers Josef II am Wiener Josefsplatz wird mit einer schwarz rot goldenen Schärpe und einer weißen Fahne mit der Aufschrift "Press-Freiheit 1780" geschmückt.
Am 7.7. wird diese Fahne durch eine schwarz rot goldene Fahne ersetzt:

Josefsplatz in Wien.

Denkmal des in Wien regierenden
Deutschen Kaisers Joseph II.,
der mit einer schwarz rot goldenen Schärpe geschmückt ist
Die weiße Fahne mit der Aufschrift "Press-Freiheit 1780" wird gerade aufgezogen.

 

15.3: Der jüdische Student Ludwig Frankl hatte in der Nacht während des Wachdienstes ein Gedicht geschrieben. Es wird als erstes zensurfreies literarisches Werk gedruckt:

Die Universität
Was kommt heran mit kühnem Gange?
Die Waffe blinkt, die Fahne weht,
es naht mit hellem Trommelklange
die Universität.

Die Stunde ist des Lichts gekommen,
was wir ersehnt, umsonst erfleht,
im jungen Herzen ist's entglommen
der Universität.

Das freie Wort, das sie gefangen,
seit Joseph arg verhöhnt, geschmäht,
vorkämpfend sprengte seine Spangen
die Universität...

Der Wiener Schriftsteller Hermann Rollett dichtet in seinen Republikanischen Kampfliedern:

Was wir wollen! 1848.
Was will das deutsche Vaterland?
Verlangt es von der Fürsten Hand
Nur halbe Freiheit-schnell gewährt
Doch bald in alte Schmach verkehrt?
O nein, o nein, o nein:
Das Volk will mehr als leeren Schein!

Was will das deutsche Vaterland?
Will's nur aus seiner Reichen Hand
Ein Schärflein für den armen Mann,
Der keine Arbeit finden kann?
O nein, o nein, o nein:
Das Volk will mehr als leeren Schein!

Das will das deutsche Vaterland:
Des Volkes Wehr und Volksverband,
Des Volks Gericht und Volkes Rat,
Und Volksbeschluß zur freien Tat!
So soll es sein, so soll es sein,
Fürs ganze Deutschland soll es sein!

Die volle Freiheit soll es sein,
Wir setzen unser Leben ein,
Und fassen echten deutschen Mut,
Daß wir's erringen fest und gut!
So soll es sein, so soll es sein,
Die volle Freiheit soll es sein!

Erst als neue Unruhen drohen, verspricht Kaiser Ferdinand eine neue konstitutionelle Verfassung: Eine gewählte Volksvertretung solle sie beschließen. Das löst Jubel aus!.

16.3: Abends großer Fackelzug der Studenten durch die Stadt.
17.3: Große Leichenfeiern für die "Märzgefallenen" auf dem Schmelzer Friedhof. Katholischer, Evangelischer Geistlicher. Für die Akademische Legion spricht Prof. Füster. An den Särgen der beiden gefallenen Juden spricht ein jüdischer Prediger. (Zu den burschenschaftlichen Forderungen der Revolution vom 12.3. gehört auch die Gleichberchtigung der Bürger einschließlich der Juden). In allen Reden wird ihr Judentum hervorgehoben und die Teilnahme am Kampf als Erwerb eines Rechtsanspruches auf Gleichstellung bejubelt.
Die Frage der Gleichstellung der Juden wird eifrig diskutiert. Doch Isak Mannheimer mahnte im "Centralorgan für Glaubensfreiheit .. der Juden" zur Zurückhaltung: "Alles fürs Volk und Vaterland! Nichts für uns! Kein Wort von Judenemanzipation." Aber schon am 19.3. ist auch Mannheimer für eine Adresse an die Stände.

In der Folge wird die Staatsverwaltung umgebaut: Die Hofstellen wurden durch Ministerien ersetzt.
25.3: Petition für die Emanzipation der Juden.
27.3: Eine Deputation der jüdischen Gemeinde unter den Führern Max Engel und Ludwig August Frankl überreicht dem Kaiser eine Petition über die Gleichstellung der Kulte. Der sagt eine gerechte Beratung zu.
Antisemitische Stimmen bewegen Josef Goldmark, die Niederlegung seiner Charge bei der Akademischen Legion anzukündigen, woran ihn die Burschenschafter-Studenten allerdings hindern.
29.3: Die oberste Zensur-Hofstelle wird aufgelöst.
31.3: Das neue Preßgesetz wird veröffentlicht. Es enthält aber viele Verbote und Einschränkungen, löst Unzufriedenheit aus und wird wenig eingehalten.

Am 2.4. hebt der Bundestag in Frankfurt/Main die noch immer bestehenden Ausnahmegesetze für alle Bundesstaaten, also auch für Österreich, auf. Das bis dahin bestehende Verbot der deutschen Farben schwarz rot gold entfällt,

diese burschenschaftliche Fahne
weht von da an auch vom Turm des Wiener Stephansdomes!

Sie flattert hoch bei Öst'reichs Adler oben;
So hoch ward Deutschlands Banner nie erhoben!

Schwarz-rot-gold weht überall in Wien. Von der Universität, von allen Gebäuden. Am Stephansplatz findet eine richtige "Fahnenhissungsfeier" statt. Das Arndtsche Lied "Was ist des Deutschen Vaterland?" wird gesungen, Frauen verteilen schwarz-rot-goldene Bänder. Die Wiener feiern und überreichen Kaiser Ferdinand eine schwarz-rot-goldene Fahne, die er stolz vom Balkon der Hofburg zeigt. In Uniform berührt er feierlich die deutsche Fahne und läßt sich unter den Hymnen von Haydn und Arndt huldigen: "Hoch das einige und freie Deutschland! Gut und Blut für unseren guten, unseren konstitutionellen Kaiser!". (Das berichtet der Tiroler Adolf Pichler, Kommandant der Akad. Legion).

Der patriotische Dichter Ferdinand Freiligrath, ein Kämpfer für die deutsche Einheit und Verfechter von demokratisch-nationalen Idealen, dichtet:

Schwarz-Rot-Gold
In Kümmernis und Dunkelheit,
Da mußten wir sie bergen!
Nun haben wir sie doch befreit,
Befreit aus ihren Särgen!
Ha, wie das blitzt und rauscht und rollt!
Hurra, du Schwarz, du Rot, du Gold!
Pulver ist schwarz,
Blut ist rot,
Golden flackert die Flamme!

 

Im "Literaturblatt" erscheint ein Gedicht zum Gedenken an den Dichter Nikolaus Lenau, der ein Vorkämpfer der Deutschen Revolution war und seit 1847 in der Irrenanstalt Oberdöbling bei Wien eingeliefert war:

An Nicolaus Lenau
Du kannst den Tag der Freiheit nimmer schaun,
des Wahnsinns Nacht hat dir das Aug' geblendet;
nicht Balsam kann dir in die Seele taun,
was uns das Herz so zaub'risch schnell gewendet!
Aus deiner Stube schaust du dumpf hinaus...
Dich ruft dein freies Österreich vergebens!
So werde denn sein feurig Morgenrot
zur sanften Abendröte deines Lebens.

 

15.4: Fahnenweihe im Stephansdom: Die schwarz-rot-goldene Fahne der Tiroler Studentenkompanie unter dem Kommandanten Adolf Pichler trägt die Aufschriften "Für das Vaterland" und "13., 14., und 15. März 1848". Die ganze Kompanie marschiert dann unter ungeheurem Jubel der Bevölkerung zum Wiener Südbahnhof, wo der greise Pater Haspinger, 1809 Mitstreiter von Andreas Hofer, nun geschmückt mit einem schwarz-rot-goldenen Burschenband, ebenfalls die deutsche Fahne segnet.

 

Die ersten freien Wahlen Deutschlands

Für die Wahl von Deputierten in die künftige Deutsche Nationalversammlung, für die der Gründungsaufruf vom Bundestag in Frankfurt ergangen war, werden am 18.4. die Voraussetzungen bekanntgegeben: Auf je 50.000 Einwohner sollte ein Abgeordneter fallen. Die Wahlen (für Niederösterreich) finden am 28. April 1848 statt. In der niederösterreichischen Stadt Wien werden 6 Abgeordnete gewählt. Diese Wahlen zur künftigen deutschen Nationalversammlung sind die ersten freien, demokratischen Wahlen in ganz Deutschland, ermöglicht durch die burschenschaftliche Revolution!

 

Der zweite Wiener Aufstand

Am 25.4.1848 wird die Pillersdorfer Verfassung, die von der Regierung (Innenminister Pillersdorf) und nicht wie versprochen von einer Volksvertretung erarbeitet worden war, verkündet. Sie bringt zwar viele der geforderten Freiheiten, aber das Wahlrecht bleibt undemokratisch, weil es von hohen Steuerleistungen abhängig gemacht wird. Auch weitere Bestimmungen zugunsten des Kaiserhauses (Vetorecht) engen die Freiheiten ein. Das empört Studenten und Arbeiter, die am 2. und 3. Mai demonstrieren und den Politikern eine "Katzenmusik" bringen.

Am 5.5. bildet sich das Zentralkomitee der Akademischen Legion, Bürger und Nationalgarde und übernimmt immer mehr die Macht in Wien. Der "Ausschuß der Studierenden Wiens", dessen Führer der jüdische Arzt Dr. Goldmark ist, bringt die "Petition der Studierenden Wiens". Darin sind die wesentlichen Forderungen der späteren Sturmpetition vom 15.5. bereits enthalten.

Am 9.5. werden durch die neue Wahlordnung Arbeiter vom Wahlrecht ausgeschlossen, worauf sich Studenten und Arbeiter erneut solidarisieren und heftigst protestieren. Schließlich war kurz vorher, am 28.4. die Wahl zur Deutschen Nationalversammlung nach dem Modus des allgemeinen Wahlrechtes durchgeführt worden!. Die Debatte über die Verfassung, getragen vom "Ausschuß der Studierenden Wiens", nimmt an Heftigkeit zu.
Am 13.5. ordnete der Kommandant der Nationalgarde, Graf Hoyos, die Auflösung des Zentralkomitees der Akademischen Legion an. Er glaubt dadurch die Verfassungsdiskussion abbrechen zu können.

15.5: Eine große Menschenmenge versammelt sich vor der Burg. Akademische Legion, Bürger, Nationalgarde und Arbeiter beschließen die "Sturmpetition": Rücknahme der Pillersdorfer Verfassung und die Einberufung eines konstituierenden Reichstages, der aus allgemeinen, direkten und freien Wahlen hervorgehen soll. Und sie fordern die Rücknahme der geplanten Auflösung des Zentralkomitees.
Die Revolution bricht damit zum zweiten Male aus, es kommt zu heftigen Kämpfen. Doch die Regierung dachte an den 13. März und wagte keinen ernsteren Widerstand und stimmte den Forderungen zu. Der Kaiser erlaubte sogar der Nationalgarde, sich an der Burgwache zu beteiligen. Die Revolution überwachte damit die Ausfahrten des Kaiserhauses!

Am 16.5. erläßt Kaiser Ferdinand eine Proklamation: Die Regierung nimmt das Wahlrecht zurück und verspricht eine neue Verfassung. Der Reichstag wird nur aus einer Kammer bestehen und wird auf der Grundlage des allgemeinen und gleichen Wahlrechts gewählt werden.

Das ist der große Sieg der Revolution!

Ministerpräsident Pillersdorf weicht der Gewalt:
Die Akademische Legion, die Studenten sind die Herren Wiens. In Wien, der Hauptstadt Deutschlands, übernehmen die Äußersten Linken, die Burschenschafter- Studenten die Macht.
Nun konnte der Reichstag wirklich alle Menschen vertreten, auch die Arbeiter sind nicht ausgeschlossen: Im Kampf um eine freiheitlich demokratische Verfassung.

Die Revolution ist einen wichtigen Schritt weitergekommen!

 

Achtung vor den Arbeitern Wiens !

Erinnerungsblatt
an die Verbundenheit der Arbeiter und Studenten.

 

Die Revolution ist also einen wichtigen Schritt weitergekommen.
Nun konnte man auch die Frage der deutschen Einheit verfolgen, die ja schon der jüdische Arzt Dr. Fischhof am 13.3. gefordert hatte. Die überall gehörte Parole lautete "...innigsten Anschluß an Deutschland!", auch von den Juden und besonders von den Arbeitern. Auch die Frage nach der Staatsform wurde aktuell, zumal die Republik ja von den Abgeordneten der Frankfurter Nationalversammlung in Erwägung gezogen wurde, und die dortigen österreichischen Abgeordneten davon begeistert berichten. Die Republik ist ja auch die bevorzugte Staatsform der deutschnationalen Arbeiter. Damit wird auch die Lage für den kaiserlichen Hof eng. Der Kaiser flieht am 17.5. nach Innsbruck.

 

Die deutsche Nationalversammlung

Der Bundestag in Frankfurt (die parlamentarische Vertretung des Deutschen Bundes, bestehend aus Preußen, Österreich...) erlaubt im März 1848 die Einberufung eines Vorparlamentes zur Bildung einer deutschen Nationalversammlung, die eine einheitliche, freiheitliche deutsche Reichsverfassung ausarbeiten soll. 500 Männer aus allen deutschen Ländern kommen nach Frankfurt und ziehen in die Paulskirche unter dem Vorsitz des Burschenschafters Heinrich von Gagern ein. Berühmte Männer wie Ludwig Uhland (B! Germania Tübingen), Ernst Moritz Arndt und Friedrich Ludwig Jahn, Heinrich Laube (B! Germania Halle, später Burgtheaterdirektor in Wien), Jakob Grimm (deutsche Märchen).

Einige Abgeordnete aus Österreich (insgesamt 115):

  • Anastasius Grün, der Dichter als Abgeordneter aus Krain (heute Slowenien).
  • Aus Wien: Anton Ritter von Schmerling, Alfred Wiesner, Josef Kuranda (Der Jude Kuranda war Abgeordneter der Universität), Karl Möring, Anton Riehl.
  • Aus Klosterneuburg bei Wien: Franz Schuselka (Burschenschaft Arminia auf dem Burgkeller Jena).
  • Aus Graz: Mareck.
  • Aus Oberösterreich: Achleitner.
  • Aus Tirol: Beda Weber aus Meran.

    Nach der Eröffnung am 18.5. wird über die künftige Form Deutschlands diskutiert. Es geht unter anderem auch darum, welche Form Österreich im Deutschen Reich haben sollte, da ja die Monarchie Österreich auch aus Ländern mit Mehrheiten anderer Völker bestand.
    Am 31.5. beschließt die Nationalversammlung auf Antrag der österreichischen Delegierten einen Minderheitenschutz für nichtdeutsche Volksgruppen (in Böhmen und Mähren):

    "...den nicht deutsch redenden Volksstämmen Deutschlands ... ihre volkstümliche Entwicklung und die Gleichberechtigung ihrer Sprache in Kirche, Schule, innerer Verwaltung und Rechtspflege gewährleistet wird".

    Schon 1848 traten unsere Vorfahren
    im burschenschaftlich dominierten Parlament
    für Minderheitenschutz ein!!

     

    Die Nationalversammlung wählt am 29.6. Erzherzog Johann von Österreich zum deutschen Reichsverweser.

    Nicht Fürstenrat hat Dich heraufbeschworen,
    Johann, Dich hat ein freies Volk erkoren!

    42 Jahre war es her,
    daß Kaiser Franz die deutsche Kaiserkrone niederlegte.
    An der Spitze des deutschen Reiches stand, wieder, ein Habsburger!

    Es wird verkündet, daß der Bundestag in Frankfurt aufgelöst werde und die Regierungsgewalt beim Reichsverweser liege, doch das bleibt Theorie. Die Fürsten denken gar nicht daran, ihre Macht, die Heere, der Nationalversammlung zu unterstellen. Der Habsburger Erzherzog Johann, der in Süddeutschland (besonders im Herzogthum Steiermark) überaus populär und auch von den Fürsten anerkannt ist, tritt für die großdeutsche Lösung ein. Das Parlament beginnt mit der Ausarbeitung von Menschen- und Bürgerrechten, die erfolgreich verabschiedet werden.

     

    Der dritte Wiener Aufstand: Die Mairevolution

    Kaum hat sich die Lage in Wien etwas beruhigt, versucht die Regierung wieder, das Heft in die Hand zu bekommen und verfügt am 25.5. die Auflösung der Akademischen Legion und die Schließung der Universität. Doch die Wiener, Studenten, Bürger und Arbeiter, gehen am 26.5. wieder "auf die Barrikaden", die in ganz Wien errichtet worden waren, denn sie fürchteten einen erneuten "13. März".

    Arbeiter marschieren !

    Bild: 26.5.1848. Bewaffnete Arbeiter, geführt von einem
    Studenten der Akademischen Legion
    auf dem Weg über das "Glacis" zum Michaelerplatz.

    Auf diesen Barrikaden vom 26.5. stehen auch die Arbeiter, für welche die Akademische Legion am 15.5. die Bürgerrechte erworben hatte, und überall wehen schwarz-rot-goldene Fahnen !
    Zu sehen auf dem Gemälde "Die Barrikade auf dem Michaelerplatz":

    Barrikaden auf dem Michaelerplatz

    Es kommt aber zu keinen Kämpfen, da die Regierung ihren Beschluß am 26.5. wieder zurückzieht. Es wird der "Sicherheitsausschuß der Bürger, Nationalgarden und Studenten zur Aufrechterhaltung von Ruhe, Ordnung und Sicherheit und zur Wahrung der Volksrechte" unter der Leitung des jüdischen Arztes Dr. Fischhof gebildet, der am 27.5. von der Regierung anerkannt und mit Behördenfunktionen ausgestattet wird. Er gebietet über 6000 Studenten der Akademischen Legion und ca 20.000 Arbeiter. Er ist bald die eigentliche Autorität Wiens, da der Kaiser nicht in Wien ist, der Reichsrat noch nicht konstituiert ist, Militär auch nicht präsent ist und die Ministerien keine Macht haben.

     

    Demokratisches Leben

    Die Demokratie hat ihren ersten unblutigen Sieg errungen. Die Arbeiter waren daran hervorragend beteiligt. Von den Studenten werden Sammlungen veranstaltet, um den Arbeitern ihren Verdienstentgang abzugelten.

    28.6.: "Arbeiter=Ordnung": Von einem Arbeiterkomitee unter Leitung des Studenten Willmer, der "Arbeiterkönig" genannt wird, werden soziale Forderungen durchgesetzt. Diese werden am 28.6. als "Arbeiter=Ordnung" vom Minister der öffentlichen Arbeiten A. Baumgartner kundgetan.

    Am 24.6. wird der "Erste Allgemeine Arbeiterverein" Wiens gegründet, dessen Grundsätze tlw. sind:

  • Beschäftigung und Sorge für den Lebensunterhalt der arbeitenden Massen
  • Einteilung von Maßregeln, um das Zuströmen der auswärtigen Arbeiter möglichst zu hemmen.

    Am 30.5. wird durch die neue Wahlordnung das freie Wahlrecht gewährt: Die Arbeiter sind wahlberechtigt. Die alte burschenschaftliche Forderung nach freien Wahlen, die schon in der Burschenschafter-Petition vom 12.3.1848 aufgestellt wurde, wird damit endlich erfüllt! Die Zusammenarbeit zwischen den Studenten mit den Dreifarbbändern und den Arbeitern klappt hervorragend, so gut, daß ein von den Freiheitsidealen begeisterter Arbeiter ruft:

    "Wenn unsereins fällt, ist's kein Schaden,
    aber um die braven Herrn Studenten,
    denen wir die Freiheit zu verdanken haben,
    wäre es ewig schade!"

    Die Revolution ist damit am erfolgreichen Höhepunkt angelangt.

    Der Sicherheitsausschuß unter der Leitung des jüdischen Arztes Dr. Fischhof schickt am 8.6. im Namen der Wiener Bevölkerung eine Adresse an das souveräne Parlament zu Frankfurt:

    Ein großes einiges Deutschland
    wurde darin als heißester Wunsch,
    und innigster brüderlicher Anschluß
    als Wahlspruch ausgegeben.

    Am 1.7.1848 wird das Theaterstück "Freiheit in Krähwinkel" von Johann Nestroy in Wien uraufgeführt und am 3.7. erscheint die erste Ausgabe der neuen Tageszeitung "Die Presse", die damit direkt von der von Burschenschaftern erkämpften Pressefreiheit profitiert.

    Ende Juni: freie Wahlen in Österreich (aber nicht in Ungarn) zum konstituierenden Reichstag.

    5.7: Fackelzug für Erzherzog Johann und die aus Frankfurt eingetroffene Deputation. Der Erzherzog ist unheimlich populär!

    7.7: Fahnendemonstration vor dem Standbild Kaiser Joseph II. Der "unvergeßliche Kaiser aus dem Volke" war noch immer mit der weißen Fahne vom 14.3. geschmückt. Die Akademische Legion zieht mit klingendem Spiel zum Josephsplatz, die weiße Fahne wird eingezogen und die schwarz-rot-goldene Fahne "unter dem deutschen Liede" feierlich gehißt. (siehe Bild oben) So wird auch dem imperialen Kaiserhaus die Macht der demokratisch-nationalen Revolution gezeigt! Auch die Deputierten aus Frankfurt kommen herbei und bedanken sich für die herzliche Aufnahme im ehrwürdigen, deutschen, freiheitsbegeisterten Wien.

    8.7: Der Sicherheitsausschuß faßt den Beschluß, die Träger des alten Systems aus dem Kabinett zu entfernen. Dieser demokratische Beschluß wird von Erzherzog Johann unterstützt. Pillersdorf dankt noch am selben Tag ab, auch die anderen Minister werden durch demokratische, revolutionäre Minister ersetzt. Nur Latour bleibt Kriegsminister.

    12.7: Letzte Sitzung des deutschen Bundestages in Frankfurt /Main, der aber formal nicht aufgelöst wird, sondern seine Kompetenzen und die Regierungsgewalt in die Hand des Deutschen Reichsverwesers, des Österreichischen Erzherzogs Johann, übergibt.

    21.7: Im "Österreichischen Courier", dem Organ Adolf Bäuerles, erscheint der Artikel "Die Aufgaben des Reichstages" von Robert Hamerling.

    21.7: Lagebesprechung der Reichsratsabgeordneten in der Wohnung des Kommandanten der Akademischen Legion, des jüdischen Arztes Adolf Fischhof. Sie besprechen das noch nicht erfüllte Revolutionsprogramm: "Demokratische Monarchie, Volks-Souveränität und innigsten Anschluß an Deutschland selbst mit Aufopferung eines Theiles der Souveränität Österreichs als Grundlage unseres politischen Glaubensbekenntnisses."

    22.7: Konstituierender Reichstag feierlich eröffnet. Er tagt in der Winterreitschule; in jenem Saal der Wiener Hofburg, in dem heute ahnungslose Touristen die Lippizzaner bewundern. Es ist das erste aus freien Wahlen hervorgegangene österreichische Parlament! Der Deutsche Reichsverweser, Österreichs Erzherzog Johann, hält die Thronrede, während von der Straße herein die deutsche Hymne "Das Lied der Deutschen" und das "Was ist des Deutschen Vaterland" ertönt. 383 Abgeordnete aus allen sozialen Klassen und aus allen Völkern der Monarchie (außer den Ungarn) haben die Aufgabe, eine neue Verfassung auszuarbeiten und auf demokratischem Wege eine Weiterentwicklung zu ermöglichen. Das sollte der Weg von der Revolution zur konstitutionellen Demokratie werden.

    4.8: Der "Politische Studenten Courier" aus Wien veröffentlicht einen Vorschlag zur Neugestaltung Deutschlands: "Grundzüge einer republikanischen Verfassung, wie sie in Deutschland eingeführt werden könnte". 8 Punkte enthalten: Staatsform, Einteilung der Länder, des Parlamentes, des Landesoberhauptes (der Bundespräsident genannt wird). Diese republikanische Verfassung sei das Ideal der Freiheit, die kommen muß und wird, ob nach einem Monat oder hundert Jahren. Diese Vorschläge decken sich gut mit jenen der demokratisch-nationalen Wiener Studentenschaft, die sich für die Republik, politische Freiheit und soziale Gerechtigkeit einsetzt. Die Burschenschafter sind die Fortschrittlichen.

    5.8: Im "Politischer Studenten Courier" aus Wien: "Eine Revolution ist weiter nichts als die naturrechtliche Selbsthilfe der Völker gegen die Hartnäckigkeit des im geschichtlichen Verlauf angesammelten, des sogenannten "historischen" Unrechts."

    6.8: Gedenkfeier zur Niederlegung der Deutschen Kaiserkrone 1806. Ausrückung der Akademischen Legion und der Volkswehr, Begrüßung der Reichstagsdeputierten und des Sicherheitsausschusses, Feldmesse, mit deutschen Bändern geschmückte Fahnen, Zurufe: "Hoch der 6. August!" Der "Politische Studenten Courier" schreibt: "Unser theures deutsches Wien hat diesen Jubeltag würdig und freudigst begangen. Der 6. August 1848 - der Tag, der das Schwarzgelbthum, welches Franz I. unseligen Andenkens zu seiner Lieblingsfarbe erhob, gänzlich vernichtete und dafür das schwarzrothgoldene Banner anpflanzte, von dem wir nimmer weichen; nein, um das wir uns immer fester und inniger schaaren wollen!"

    6.8: Besetzung des aufstänischen Mailands und der Lombardei durch Feldmarschall Radetzky. Brutale Kriegsgewalt war am Rande Österreichs siegreich geblieben, schwarzgelbe Machtdemonstration, doch Wien sah sie nicht. Die Mailänder Studenten hatten eine Adresse an die Wiener Studenten geschickt:
    "...Indessen ist es eine unwiderlegbare Tatsache, daß die Nationalität der Völker heilig ist, indem sie die Hauptbedingung der Freiheit und der Civilation ist. .. Der Nationalität kann man nicht das historische Recht entgegenstellen. .. Ihr, die Ihr auf dem höchsten Thurme Deutschlands Eure Tricolore aufgepflanzt habt ... wenn Ihr selbst einen grausamen und ungerechten Krieg führet gegen ein Volk, das gleich Euch nach demselben Ziele strebt! ... Es lebe das freie, unabhängige, einige Italien! Es lebe die deutsche Einigkeit!

    19.8: Kaiser Ferdinand, der wieder aus Innsbruck zurückgekehrt ist, wird bei der Messe mit einer speziellen Strophe des studentischen Fuxenliedes "Was kommt dort von der Höh'" begrüßt.

     

    Das Hainbacher Fest

    Auch burschenschaftliches Leben regt sich wieder. Am 6.7. wird der "Academische Lese- und Redeverein" gegründet. Die Wiener Burschenschaften feiern die von ihnen erkämpften Freiheiten auf ihre Weise: Sie laden die Wiener Bevölkerung am 12.6. zu einem "National- und Verbrüderungs- feste für alle Stände, verbunden mit einer Luther Feier" nach Hainbach im Wienerwalde, zu der mehrere Tausend Wiener kommen. Besonders auffallend die vielen "Studentenliebchen", deren breite schwarz-rot-goldene Bänder sich auf der Brust bauschen. Und zwischen ihnen hunderte Studenten in ihren schmucken Uniformen, manche in voller Wichs mit Schlägern.

    Studentenkapellen spielen Lieder, die viele Wiener noch nicht kennen. Doch bald singen sie auch mit: Der Gott, der Eisen wachsen ließ, Was ist des Deutschen Vaterland, das Gaudeamus, das Glas Krampampuli und das Vive la compagnia. Redner preisen die demokratischen Errungenschaften der Revolution und zeigen weitere freiheitliche Entwicklungsmöglichkeiten auf. Ein echter Studentenkommers im Freien wird da in Szene gesetzt! Großes Erstaunen und große Freude der Wiener Bevölkerung, so etwas war noch nicht dagewesen!

    Dann, ein ernster Teil, alles erhebt sich zu einem "Ein feste Burg ist unser Gott", und unter Jubel werden viele Hochs auf Martin Luther, den Vater der Revolution, ausgebracht. Man trinkt Smollis und reibt einen Salamander auf das junge Deutschland. Dieses burschenschaftliche und echt demokratische Fest ist es wohl wert, der Vergessenheit entrissen zu werden.

     

    Das zweite Wartburgfest

    Die gewonnenen Freiheiten nützen die Studenten, um die gesamte deutsche Studentenschaft in einem Parlament zu vereinen. Aus Jena ergeht die Aufforderung an alle deutschen Universitäten zur Abhaltung einer allgemeinen Studentenversammlung auf der Wartburg. Am 11. Juni 1848 treffen sich 1500 Abgeordnete aus allen deutschen Universitäten in Eisenach. Aus Wien kommen 26 Studenten, in die Uniform der Akademischen Legion gekleidet und werden von den Kommilitonen und der Eisenacher Bevölkerung mit Jubel empfangen. Diese Abgeordneten sind echte Mandatare, das heißt, sie waren von den akademischen Behörden der Universität Wien mit dem Mandat versehen worden, bei den Beratungen eine bindende Stimme abzugeben.

    Es tagt der "Gesamtausschuß der deutschen Studenten", bei dem für Wien 26 Vertreter anwesend sind. Dies ist das eigentliche freie deutsche Studentenparlament, welches eine Reihe von Beschlüssen faßt:

    Der
    Gesamtausschuß der deutschen Studenten
    beschloss:

    • Unbedingte Lehr- und Hörfreiheit.
    • Die Universitäten sollen die ganze Wissenschaft vertreten.
    • Beteiligung der Studierenden bei der Wahl der akademischen Behörde und bei der Besetzung der Lehrstühle.(!!)
    • Die Studenten aller deutschen Universitäten vereinigen sich zu einer großen organisierten Studentenschaft. Jeder Student ist dem anderen völlig gleichberechtigt.
    • Jeder, der das akademische Bürgerrecht besitzt, ist in jeder Universität aktiv und passiv wählbar.
    • Jede Universität schickt so viele Abgeordnete, als sie Hunderte von Studenten hat.
    • Die Wahl der Abgeordneten geschieht nach dem Prinzip der Urwahlen.
    • Die Abgeordneten stimmen nach ihrer Überzeugung und dürfen an keine Mandate gebunden werden. Den Wählern steht jederzeit das Abberufungsrecht zu.
    • Die Beschlüsse des Gesamtausschusses haben für die ganze Studentenschaft bindende Kraft.
    • Alle Examina sind öffentlich.
    • Abschaffung der lateinischen Sprache als offizielle.
    • Die Benutzung der Apparate und Räume soll den Professoren und den Studenten gleichmäßig zustehen.
    • Der Besuch der Universitäten möge jedem gestattet sein, der sich auf denselben ausbilden will.

    Über die gesamten Beratungen wird ein Manifest an die deutschen Studenten entworfen. Es begann mit:
    "Durch die großen Stürme politischer Begebenheiten, die das deutsche Volk aufrüttelten aus seinem dreißigjährigen Schlaf, hat sich auch die deutsche Studentenschaft erhoben."
    Und endete mit: "Kommilitonen! Was uns leitete, ...es ist der große Gedanke: Ein freies, einiges Deutschland!"

    Beim Zug von Eisenach hinauf zur Wartburg trägt der Wiener Student Stephani die schwarz-rot-goldene Fahne, was eine besondere Ehre ist, gefolgt von den Fahnen der einzelnen Burschenschaften und der Universitäten, oben findet die Feier in den vielen Gemächern der Burg statt.

    Die Beratungen und Beschlüsse dieses "Zweiten Wartburgfestes" zeigen also deutlich, in welch demokratischer Weise ein alle deutschen Studenten umfassendes Parlament gehandelt hat.

    Die von Burschenschaftern erarbeitete Verfassung war modern, geradezu revolutionär, in der tiefsten Bedeutung dieses Wortes. Sie enthält Gedanken, die bis heute nicht verwirklicht worden sind.

     

    Der Vierte Wiener Aufstand

    Am 19.8. wird den Arbeitern der Lohn gekürzt, Frauen bekommen überhaupt nichts mehr. Die Arbeiter protestieren in der Innenstadt gegen diese drastische Verschlechterung ihrer Lage.
    Am 22.8. kommt es im Prater zu Unruhen. Und am 23.8. zu einer großen Demonstration. Am Praterstern tritt ihnen die Nationalgarde entgegen. Es kommt zum Aufstand, an dem sich auch viele Arbeiterinnen beteiligen. In der Praterschlacht geht die Nationalgarde, nicht aber die Akademische Legion, unnötig heftig gegen die Arbeiter vor, es gibt 22 Tote.

    Es zeigt sich, daß die Nationalgarde nicht immer die Interessen der Revolution, der Akademischen Legion, vertritt. Schon am 25.4. berichtete Anton Füster, der Kaplan der Akademischen Legion: "Ein gewisses Mißtrauen herrschte gegen die Garde. Bei den vielen schwarzgelben Elementen, welche sich in der Garde befanden, ... ist es begreiflich, daß sie schon in iherm Entstehen nicht die Garantie für die Freiheit bieten konnte." Auch Hausbesitzer, Banquier, Großhändler und Beamte sind in der Garde, diese Großbürger wenden sich gegen die Arbeiter.

    Beim Begräbnis der Opfer am 3.9. gehen mehrere Kompanien der Akademischen Legion mit, Studenten und Arbeiter tragen schwarz-rot-goldene Fahnen. "Es herrschte dabei eine unheimliche, düstere Stimmung - ganz verschieden von jener, die uns beim feierlichen Leichenzuge der Opfer der Märztage beseelte."

    Die linke burschenschaftlich-revolutionäre schwarz-rot-goldene Presse verurteilt diese Ereignisse, selbst die rechte obrigkeitstreue schwarz-gelbe Presse zeigt ein gewisses Schuldbewußtsein.

    24.8: Der Sicherheitsausschuß löst sich selbst auf, da er bei der Arbeiterrevolte versagt hat. Das ist eine eindeutige Schwächung der Revolution. Und 30.000 Arbeiter werden zum Eisenbahnbau in die Provinz, weit weg von Wien, geschickt. Das wird sich 2 Monate später bitter rächen!

    Vorbei die Zeiten, als sie noch gemeinsam gegen Metternich gekämpft hatten; das Bürgertum ist von der Revolution abgefallen, da es viele seiner Ziele mit Hilfe von Burschenschaftern erreicht hat. Immer mehr werden wieder obrigkeitstreue Stimmen laut. Am 9.9. steckt die "Geißel" eine schwarz-gelbe Fahne heraus, dagegen gibt es noch einen großen Volksauflauf und ein Gedicht:

    Der Schwarzgelbe
    Schwarz ist das Laster und gelb ist der Neid,
    gelb ist die Bosheit und schwarz ist das Leid;
    schwarz ist die Finsternis und gelb ist bloß Schein:
    darum kann nur der Teufel ein Schwarzgelber sein!

     

    Am 7.9. wird der Antrag des deutschschlesischen Burschenschafters Hans Kudlich, Burschenschaft Markomannia Prag, auf Aufhebung des bäuerlichen Untertänigkeitsverhältnisses und der Abgabepflicht angenommen:

    "Die hohe Versammlung möge erklären:
    Von nun an ist das Unterthänigkeitsverhältniß
    sammt allen daraus entsprungenen Rechten und Pflichten
    aufgehoben".

    Kudlich ist selbst "Sohn eines robotenden Bauern" aus Lobenstein, einem deutschen Ort in Schlesien. Am 24.6. hält er im Ort Bennisch seine begeisternde Rede und wird daraufhin als Kandidat für den Wiener Reichstag aufgestellt. Über Wien sagt er:

    "Wien ist jetzt politisch die bedeutendste Stadt Deutschlands. ... Wenn es keine österreichische Monarchie gäbe, wird es doch stets ein Deutschland, ein deutsches Volk geben, das auf Wien stolz sein wird. Wien ist für Österreich nicht ganz das, was Paris für Frankreich ist, weil Österreich wohl einen Staat, aber nicht eine Nation bedeutet."

     

    Kudlich will die Bauern zu freien Eigentümern von Grund und Boden machen und so die grundherrschaftliche Bindung des Bauerntumes beenden. Durch Annahme seines Antrages erhielten die Bauern bessere Ablösebedingungen als in den anderen deutschen Staaten.

    Kudlich wird zu Recht als "Der Bauernbefreier" genannt!

    Die Bauern haben damit erreicht, was sie wollten, weshalb ihr Interesse am Fortgang der Revolution geringer wurde.

     

    Am 13.9. gibt es Handwerkerdemonstrationen, da diese durch den Zusammenbruch einer Sparkasse in Schwierigkeiten geraten waren. Bei der Auflösung geht die Regierung auch gegen die Studenten vor, schließt die Uni und schickt die Studenten in die Ferien. Die Zahl der Sudenten in der Akademischen Legion sinkt auf 1500.

    Am 24.9. gibt es einen großen Fackelzug für den Bauernbefreier Kudlich, der für die vielen nach Wien gekommenen Bauern unter großem Beifall eine flammende Rede hält.
    Als neue Zeitung erscheint "Die Ostdeutsche Post", herausgegeben von Ignaz Kuranda, einem Wiener Abgeordneten des Frankfurter Parlaments.

     

    Der Fünfte Wiener Aufstand: Die Oktoberrevolution

    Ein Grenadierbataillon, das sich weigert, auf Anordnung von Kriegsminister Latour gegen das revolutionäre Ungarn zu marschieren und von der Nationalgarde und von Waffenstudenten der Wiener Akademischen Legion unterstützt wird, löst am 6.10. die Oktoberrevolution aus. Überall kommt es zu schweren Kämpfen mit der Armee, auch im Inneren des Stephansdomes; (heute noch ist dort 6.Okt.1848 eingemeißelt). Die Bevölkerung ist so aufgebracht über die kaiserliche Armee, daß sie in das Kriegsministerium eindringt und Kriegsminister Latour erschlägt; ein Student der Akademischen Legion hatte ihn umsonst zu schützen versucht.

    Sein Tod führt zum energischen Einschreiten der kaiserlichen Armee unter Windischgrätz, die von Prag aus gegen Wien marschiert.

    Der kaiserliche Hof flieht am 7.10. nach Olmütz und 20.000 "schwarz-gelbe" Wiener fliehen aus der Stadt. Die Revolution der großdeutschen Einheit hat wieder die Macht: Die Aula (das heißt die Studenten) ist die einzige Behörde, die Gehorsam findet und sie übt ihre Sendung, die Ordnung zu erhalten, gewissenhaft aus. 10.000 Arbeiter werden in der Mobilgarde vereint. Am 12.10. wird Wenzel Messenhauser Oberkommandierender der Nationalgarde. Er gebietet über:

    Die Linken in der Deutschen Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche schicken Abgeordnete, wie den jüdischen, deutschnationalen, demokratischen, patriotischen Burschenschafter Robert Blum (Burschenschaft Germania Leipzig), oder den Österreicher Moritz Hartmann aus Leitmeritz in Böhmen zur Überreichung einer Sympatieadresse und als moralische Unterstützung nach Wien (Der Jude Hartmann trat im April als Vertreter der deutschen Partei in Prag beim Innenminister gegen separatistische Tendenzen der Tschechen ein). Die Deputation trifft am 17.10. in Wien ein und wird begeistert empfangen. Nicht aber von Windischgrätz, der sich hochmütig über die Empfehlungsschreiben hinwegsetzt, obwohl dieses Parlament auch von Österreichs Bürgern gewählt wurde!

    In einem (von Windischgrätz selbst verfaßten) Manifest vom 16.10. verurteilt der Kaiser die Revolution und bevollmächtigt Windischgrätz (also "sich selbst") mit der Wiederherstellung der Ordnung. In einem weiteren Manifest vom 19.10. (von Graf Stadion verfaßt) versichert der Kaiser hingegen die Bewahrung der März- und Maierrungenschaften.

    Wien wird am 20.10. von den kaiserlichen Truppen von Windischgrätz umzingelt. Dieser fordert die Auflösung der Akademischen Legion und die bedingungslose Kapitulation; er setzt sich dadurch offen in Widerspruch zum Kaiser und dessen Manifest vom 19.10! Der aus freien Wahlen hervorgegangene Reichstag erklärt am 22.10. das Vorgehen von Windischgrätz für ungesetzlich und folgt dem Ruf des Kaisers: Er wird am 22.10. nach Kremsier in Mähren verlegt, es wird ihm damit aber auch die Machtbasis entzogen.

    Der Burschenschafter Robert Blum schreibt seiner Frau einen Brief:

    ...Besonders die Arbeiter sind bewunderungswert. Für die Bourgeosie, die ihnen nie etwas gab oder gönnte, stehen sie bereit, in den Tod zu gehen.

    Nein es ist doch etwas Höheres, denn in Wien entscheidet sich das Schicksal Deutschlands, vielleicht Europas. Siegt die Revolution, so beginnt sie von neuem ihren Kreislauf; erliegt sie, dann ist wenigstens für eine Zeitlang Kirchhofsruhe in Deutschland.

    72.000 bewaffnete kaiserliche Soldaten greifen ab dem 23.10. die Stadt an, diese wird auch bombardiert. Bis zum 30.10. hofft man verzweifelt auf die Hilfe der ungarischen Revolutionstruppen, doch diese werden bei ihrem Marsch zum Entsatz von Wien bei Schwechat geschlagen.

    Der jüdische Dichter Moritz Hartmann schildert die letzten Stunden:

    Auf dem Bauernmarkt hörten wir plötzlich die Trommel, die durch den Donner der Kanonen, das Platzen der Bomben und fallenden Schutt einen wahrhaft unheimlichen und zugleich sehr aufregenden Schall hören ließ. Dieser Platz war leer und öde ...

    Über den Platz schritt ein einziger ungefähr 50-jähriger Proletarier, vor ihm ging ein kleiner, 10-jähriger Proletarierjunge. Der Junge trug eine große schwarz-rot-goldene Fahne, der Alte schlug die Trommel. Er sah nicht rechts, er sah nicht links, die Bomben flogen über seinen Kopf, sie platzten vor ihm, hinter ihm.

    Er schritt vorwärts, gemessenen Ganges, und schlug den Generalmarsch. Und er schlug, als wollte er eine gestorbene Welt aus dem Totenschlaf erwecken. Und der Junge mit der Fahne ging ruhig vor ihm, und der Alte schlug und schlug.

    Wir blieben starr bei diesm Schauspiel, und die Tränen traten uns in die Augen.

    "Lieber Freund", sagten wir endlich, "lassen Sie das, es ist alles aus!"

    "Nein", antwortete der Alte, "sie müssen heraus, die Sache darf nicht verloren sein!"

    So sprechend ging er immer weiter und schlug die Trommel, und der Knabe trug ruhig seine Fahne und sah nach allen Seiten, ob sie nicht kommen.

    Sie kamen nicht.

     

    Wien fällt am 31.10.1848. 2000 Tote und schreckliche Verwüstungen sind die Bilanz
    Bild: Brennende Hofbibliothek am Wiener Josefsplatz. Der Kaiser ist noch immer mit der schwarz rot goldenen Fahne geschmückt!.

    Josefsplatz in Wien.

    Denkmal des in Wien regierenden
    Deutschen Kaisers Joseph II.,
    der mit einer schwarz rot goldenen Fahne geschmückt ist.

    Brand am 31.10.1848 nach der Beschießung

     

    Windischgrätz triumphiert. Aber Grillparzer dichtet:

    Wem, Windischgrätz, vergleich ich dich,
    um nicht nach Bildern fern zu haschen?
    Mir bist du der alte Metternich,
    nur statt in Strümpfen, in Gamaschen!"

    Blum wird trotz seiner Immunität als Delegierter der deutschen Nationalversammlung am 9.11. hingerichtet, Messenhauser am 16.11. Blum starb mit den Worten:

    "Ich sterbe für die teutsche Freiheit,
    für welche ich gekämpft,
    möge das Vaterland meiner eingedenk sein."

    1579 Personen werden verhaftet. Alle Zeitungen werden verboten, nur die "amtliche" Wiener Zeitung erscheint wieder. Stephansturm und Josephsdenkmal bekommen für einen Tag weiße Fahnen, dann wieder -klammheimlich ohne Begeisterung- schwarz-gelbe kaiserliche Fahnen, diese "Siegeszeichen der Militärherrschaft". Razzien finden auf Studenten statt.
    Am 23.11. werden der Musiker Alfred Becher, Herausgeber der Revolutionszeitung "Der Radikale" und der jüdische Publizist und Schriftsteller Hermann Jelinek, ein Vertreter der Demokratie mit sozialrevolutionären Ambitionen, hingerichtet. Er berichtete laufend über die Entwicklung der Revolution. Er stibt mit den Worten:

    "Meine Ideen können nicht hingerichtet werden!"

    Damit ist die Deutsche Revolution in Österreich gescheitert.

     

    Ringen um die deutsche Einheit

    Auch in Berlin wurde die erneut ausbrechende demokratische Revolution brutal niedergeschlagen. Die Frage der deutschen Einheit wurde zur Machtfrage zwischen Preußen und Österreich. Preußen wollte einen Staat ohne Österreich unter seiner Führung (kleindeutsche Lösung). Österreich hingegen einen Staatenbund der deutschen Staaten. Also eine Erneuerung des Deutschen Bundes, allerdings erst nach Festigung beider Staaten, unter der Unverletzlichkeit der Einheit Österreichs. Dies gab Ministerpräsident Schwarzenberg vor dem Reichstag in Kremsier am 27.11. bekannt. Aus der Traum vom Reich! Österreich würde dabei auch seinen nichtdeutschen Nationen keine Freiheit geben.

    Anton Ritter von Schmerling, Wiener Abgeordneter in Frankfurt,
    protestierte und sprach vom heiligen Recht Deutschlands
    auf die deutschen Gebiete Österreichs!

    Beide Länder erteilten also dem von der Frankfurter Nationalversammlung ausgearbeiteten, demokratischen und deutschfreiheitlichen Verfassungsentwurf eine Absage. Diese geriet in eine schwierige Situation. Erzherzog Franz Joseph bestieg am 2.12. in Olmütz den österreichischen Kaiserthron und beschwor in seiner Proklamation "...daß es gelingen werde, alle Länder und Stämme der Monarchie zu einem großen Staatskörper zu vereinigen." Er erteilte damit Frankfurt eine Absage. Der Chef des Frankfurter Reichsministriums, der Österreicher R.v.Schmerling, sah sich von der österreichischen Regierung desavouiert und trat am 15.12.1848 von seinem Amt zurück.

    Der preußische König wandte sich an die österreichische Regierung, um Verhandlung über die deutsche Frage zu beginnen. Es begann eine rege diplomatische Tätigkeit, Entwürfe wurden geschickt, verworfen und mit Gegenentwürfen beantwortet. Am 9.3.1949 schickte Schwarzenberg der Nationalversammlung nach Frankfurt eine Note, worin er erklärte, daß er sich nicht einem von der Nationalversammlung errichteten deutschen Parlament unterwerfen werde, sondern im Gegenteil selbst die Führung in Deutschland beanspruche. Ein neues Großreich, ein neuer "Deutscher Bund", solle gegründet werden, das von einem Direktorium geführt werde.

    Die Deutsche Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche verabschiedete am 28.3.1849 eine "Verfassung des Deutschen Reiches", die eine vorbildlich demokratische Verfassung war und alle geforderten Freiheiten vorsah. Dem preußischen König wurde die Kaiserwürde angetragen, die dieser jedoch ablehnte. Die Regierungen der Länder lehnten diese Verfassung ab und blieben bei ihren alten.

    Doch das Volk wollte die deutsche Einheit und so kam es im Mai 1849 erneut zur Revolution und zu Kämpfen mit dem Militär, (allerdings nicht in Österreich, denn hier hatte ja das Militär schon im Oktober 1848 gesiegt). Am 5.4. rief Wien die österreichischen Abgeordneten aus Frankfurt zurück und am 10.5.1849 legte Heinrich von Gagern alle Ämter nieder, die Nationalversammlung wurde schließlich am 18.6. vom Militär gewaltsam auseinandergetrieben.

    Damit war die Deutsche Revolution am Ende.

    Gewalt setzte wieder gegen die unterlegenen Demokraten ein, Verfolgung, Kerker, Erschießungen. Wieder wanderten Tausende aus, Amerikas Demokratie zog daraus den Nutzen.

     

    Die oktroyierte Märzverfassung

    Der freigewählte österr. Reichstag, der noch immer in Kremsier tagte, arbeitete inzwischen unermüdlich an der neuen österreichischen Verfassung, denn dazu war er ja am 22.7.1848 als verfassungsgebende Körperschaft einberufen worden. Kudlich, Fischhof, Goldmark und viele andere arbeiteten hier mit. Ein Entwurf sah als Präambel vor: "Alle Souveränität geht vom Volke aus". Doch am 4.1.1849 erklärte Innenminister Stadion diese Formulierung für unannehmbar, da die Quelle der Souveränität nicht das Volk, sondern die erbliche Monarchie sei. Proteste bei den Abgeordneten, aber sie gaben nach, der Satz wurde gestrichen.

    Doch sie trat nie in Kraft.

    Denn der neue österreichische Ministerpräsident Fürst Felix Schwarzenberg hatte nichts für die "demokratischen Bewegungen" übrig, er war ein Aristokrat alten Schlages. Die Regierung beschloß schon am 20.1.1849, dem Reichstag ein Ende zu machen und löste ihn am 7.3.1849 gewaltsam auf.

     

    Nach der Auflösung des Reichstages zu Kremsier mußte Kudlich fliehen, um der Verhaftung zu entgehen. 1854 wurde er wegen einer Rede während der Oktoberrevolution in Abwesenheit zum Tode verurteilt (!), doch da befand er sich bereits in Amerika, um dort seine burschenschaftlichen, das heißt demokratischen Ideen verwirklichen zu können. Auch Fischhof wurde verhaftet und monatelang gefangen gehalten.

    Schwarzenberg hat die parlamentarischen Einigung der Völker verhindert. Auch er hat durch diese kurzsichtige Gewalttat mitgeholfen, die nationalen Probleme entstehen zu lassen. Er ist dadurch an den Katastrophen 1914 und 1918 und daraus folgend an den Greueltaten eines maßlos übersteigerten Nationalismus und eines ebenso grausamen Sozialismus mitschuldig.

    Am selben Tag, dem 7.3.1849 wurde die "Märzverfassung oktroyiert", d.h. aufgezwungen. Zwar wurden einige der erkämpften Freiheiten und Prinzipien aufgenommen, aber praktisch durch einengende Bestimmungen wieder beschränkt. Die Pressefreiheit wurde wieder abgeschafft. Das Wahlrecht wurde durch einen Wahlzensus eingeschränkt. Die Versammlungsfreiheit wurde stark eingeschränkt.

    Und die Monarchie bestand darauf, staatsrechtlich eine Einheit zu bleiben. Deshalb wurde die 1848-er Frage der deutschen Einheit, wohl weil man in Frankfurt der österreichischen Lösung nicht zustimmte und Österreich der kleindeutschen Lösung nicht, gar nicht erwähnt. Letzten Endes eine zentralistische Verfassung alten Stils.

    Doch es kam noch ärger: Am 31.12.1851 erließ Kaiser Franz Joseph sein Silvesterpatent, wodurch die Märzverfassung aufgehoben und der alte Absolutismus wiederhergestellt wurde (Neoabsolutismus).

    Damit hatte "1848" nie stattgefunden.

     

    Akademische Unterdrückung nach 1848

    Nach der Einnahme Wiens durch das Militär wird ein Ring von Kasernen rings um Wien errichtet und die Universität besetzt. Das Studieren war nur nach eingeholter militärischer Bewilligung möglich. Der Militärgouverneur ordnet an: "die gänzliche Abschaffung der Burschentracht". Die neue Disziplinarordnung für die Universitäten spricht in ihrem § 11 das Verbot von studentischen Verbindungen dezitiert aus. Für die Burschenschaften, die Träger des deutschen Einheits- und Freiheitsgedankens waren, bedeutet dies erneute Verfolgung und Unterdrückung.

     

    1848:
    Aufrichtiges deutsches Nationalbewußtsein, liberales Freiheitsstreben, fortschrittliches burschenschaftliches Demokratiebewußtsein unterlag der reaktionären Gewalt.

    Die Burschenschafter setzten ein Zeichen.

    Die Fürsten hatten die Zeichen der Zeit nicht erkannt.

    Es sollte noch lange dauern ...

     

     

     


    1848 - 1998 -- 150 Jahre danach

    Heute, 1998, sind die Geschehnisse von 1848, wie sie oben geschildert wurden, mehr oder weniger bekannt. Doch wer ist "legitimer Erbe" der Revolution? Darüber geht der Streit auseinander. Prinzipiell sind wir alle, die wir Nachfahren der damaligen Bevölkerung sind, "Erben". Doch sicher haben manche Gruppen, sich auf die Revolutionsereignisse zu berufen, größere Rechte als andere.

    Die SPÖ hat sofort versucht, die Revolution für sich zu vereinnahmen, sie dachte an die soziale Komponente und an die Rolle der Arbeiter. Zweifellos sehr berechtigt. Aber sie negiert die nationale Komponente, nein, sie wertet sie sogar ab, indem sie sie als "Nationalismus" brandmarkt, und dieses Wort wohl im negativen Sinne gebraucht. Sie verschweigt und verfälscht damit einen Teil der Geschichte, auch ihrer eigenen Geschichte.

    Die ÖVP beansprucht die Revolution für sich, da die Bauernbefreiung durch den Deutschschlesier Kudlich erfolgte und die Nationalgarde die bürgerlich-demokratische Revolution in Schwung hielt. Zu Recht, denn diese Bauernbefreiung war wirklich eine fortschrittliche und kühne Tat und so ziemlich das Einzige, was das gewaltsame Ende überdauerte. Aber sie verschweigt, daß Kudlich ein Burschenschafter war und demonstrativ sein schwarz-rot-goldenes Band trug. Und die Bürger, die die Nationalgarde bildeten, hatten bald nachdem sie ihre "Bügerrechte" durch die Burschenschafter-Studenten erlangt hatten, von der Revolution genug. Teile davon betätigten sich sogar konterrevolutionär, als sie in der Praterschlacht auf die Arbeiter losschlugen.

    Die FPÖ beruft sich ebenfalls auf die Tradition der Revolution von 1848 und veranstaltete in der Wiener Hofburg einen großen Festakt. In der Tat waren es die Burschenschaften, die die Unterdrückung der Freiheit immer wieder anprangerten und dafür verfolgt und eingekerkert wurden. Sie hatten die Freiheit auf ihre Fahnen geschrieben, und als die Zeit reif war, schritten sie kühn zur Tat und erzwangen zusammen mit den anderen, ebenfalls unterdrückten Gruppen den herrschenden Klassen ihre Vorstellungen von Demokratie und Freiheit auf. Die anderen Gruppen: Die Bürger, Arbeiter und Bauern, der jüdische Arzt Dr. Fischhof, deren Leistung wir nicht unter den Tisch fallen lassen! Die Nachfahren jener Studenten, das national-freiheitliche Lager, haben das größte Recht auf die Tradition der Revolution von 1848!

     

    Wem also gehört die Revolution?

     

    Denn kann man sich vorstellen, wie unser linker SPÖ Bundeskanzler Viktor Klima einen Kranz mit schwarz-rot-goldenener Schleife am Grab der gefallenen Arbeiter am Wiener Zentralfriedhof niederlegt und auf einer Tafel zu lesen ist:

    Die Regierung setzt ein Zeichen!
    Wir würdigen die wertvolle Arbeit
    um Freiheit und Demokratie
    der 1848 - Burschenschafter!


    Version 13 -- 27.8.2014
    Lassen Sie uns Ihre Meinung wissen!
    Jegliche Verwendung dieses Textes, ganz oder in Teilen, ist nicht gestattet.
    © Burschenschaft Aldania Wien.